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Der Zweibrücker Dingler-Clan

Der Name „Dingler“ ist vielen Zweibrückern in Verbindung mit dem ehemaligen Kranhersteller Demag (heute Terex) ein Begriff.

 

Christian Wilhelm Nikolaus Dingler, gründete 1827 eine kleine Maschinenfabrik im Bereich der Wallstrasse, die späterhin auf das bis heute bekannte Gelände umzog. Er hatte allerdings nie etwas mit Kranbau zu tun und nur wenige wissen, dass hinter dem Namen Dingler ein recht großer erfolg- und einflussreicher Familien-Clan stand, welcher deutschlandweit und bis über die Landesgrenzen hinweg lebte und in verschiedenen Fachbereichen tätig war.

Leider sind in den vergangenen zwei Jahrhunderten der Dingler’schen Firmen- und Familiengeschichte viele Details verloren gegangen. Es existiert auch kein offizielles Archiv über diese Familiendynastie.

Die hier zusammengefasste Dingler-Historie ist daher stellenweise bei den Personenangaben lückenhaft.

 

Der Stammvater der Familie Dingler war nachweislich der 1568 in Dachtl bei Calw (Baden-Württemberg) lebende Hanns „Tengler“. Der Berufsstand des Kaltschmiedes wurde Tengler genannt. Zur damaligen Zeit kam es sehr häufig vor, dass die Menschen ihrer Berufsbezeichnung nach angesprochen wurden, wodurch über die Jahrhunderte unsere heutigen Nachnamen entstanden. Durch verschiedene Dialekte oder verschieden klingender Aussprachen entstand z. B. aus dem Beruf Schmied der Nachname Schmitt.

So wurde aus Tengler irgendwann Dingler. (Tengler – Tängeln/Tengelen – Dängeln/Dängelen – Dingeln/Dingelen usw. bis zu Dingler. Die Wortendung „er“ war zumeist auf männliche Personen bezogen. Unter welchem Namen und wann genau die Nachfahren Tengler’s nach Zweibrücken kamen, ist nicht belegt.

 

Die Zweibrücker Linie der Familie Dingler 

1,) Christian Dingler – Leinenwebermeister aus Zweibrücken geb. um 1700

 

2,) Johann Christian Dingler – aus Zweibrücken 1741 (Sohn von 1.)

 

3,) Johann Gottfried Dingler – Chemiker und Fabrikant aus Zweibrücken 1778 – 1855 (Sohn von 2.)

 

4,) Johann Christian Dingler – Schlossermeister aus Zweibrücken  1771 – 1849 (Sohn von 2.)

 

5,) Johann Heinrich Dingler – Unternehmer aus Zweibrücken 1800 – 1871 (Sohn von 3.)

 

6,) Christian Wilhelm Nikolaus Dingler – Maschinenindustrieller aus Zweibrücken 1802 – 1858 (Sohn von 3.)

 

7,) Johann Gottfried Dingler – Jurist und Politiker aus Zweibrücken geb. 1803 – 1875 (Sohn von 3.)

 

8,) Georg Julius Dingler – Maschinenindustrieller; Wirtschaftsführer aus Zweibrücken 1834 – 1899 (Großcousin von 5., 6. & 7.)

 

9,) Hermann Dingler – Dr. med. & Dr. phil. Botaniker aus Zweibrücken, geb. 1846 – 1935 (Sohn von 7.)

 

10,) Georg Christian Julius Dingler – Maschinenindustrieller; Wirtschaftsführer; Kommerzienrat aus Zweibrücken geb. 1864 – 1936 (Sohn von 8.)

  

Die Bedeutendsten aus dieser Auflistung:

 

3,) Johann Gottfried Dingler

Geb. am 2. Januar 1778 in Zweibrücken, † 19. Mai 1855 in Augsburg

Chemiker, Fabrikant, Erfinder und Technologieschriftsteller

 

Nachdem er die Volksschule in Zweibrücken besuchte, ließ er sich in Oppenheim zum Apotheker ausbilden. Anschließend diente er 2 Jahre lang in der preußischen Armee als Feldapotheker, nach seiner militärischen Dienstzeit eröffnete er im Jahre 1800 in Augsburg eine eigene Apotheke.

Dingler begann sich für die „Kattun-Druckerei“ zu interessieren und experimentierte mit chemischen Verfahren, wodurch er die Anwendung dieses Druckverfahrens verbesserte. 1806 gründete er in Augsburg gemeinsam mit dem Chemiker Arnold eine Fabrik für chemische Produkte, die Dingler & Arnold genannt wurde. Es war die erste bayerische Schwefelsäurefabrik, deren Haupterzeugnis zum Bleichen von Baumwoll- und Leinengarn verwendet wurde. Einige Zeit später trennten sich Dingler & Arnold wieder, woraufhin Dingler die Fabrik alleine weiterführte. Zwischen 1809 und 1815 erfand er mehrere Verfahren in den Bereichen Färberei, Zeugdruckerei und der Zinnbeizerei.

Im Jahre 1835 wechselte sein Unternehmen den Besitzer, 1845 zog sich Dingler aus allen Geschäftsbereichen zurück.

Bereits im Jahre 1806 war er in seinem Fachgebiet auch literarisch tätig und veröffentlichte ein polytechnisches Journal für das gesamte Gebiet der Färberei, Druckerei und Bleicherei, welches monatlich erschien. Im gleichen Jahr verlieh ihm die Universität Gießen hierfür die Doktorwürde.

 

 

 

6,) Christian (Wilhelm Nikolaus) Dingler

Geb. am 15. Februar 1802, † 18. Dezember 1858 in Zweibrücken

Maschinenindustrieller, Entwickler und Erfinder, Gründer der Dingler'schen Maschinenfabrik in Zweibrücken (heute Terex)

 

Der in Zweibrücken aufgewachsene Christian (Wilhelm Nikolaus) Dingler begann nach Beendigung der Schule eine Ausbildung in der Schlosserwerkstatt seines Vaters, die er im In- und Ausland vollendete.

Im Jahre 1827 gründete er in der Zweibrücker Altstadt (im Bereich der Wallstraße) eine mechanische Werkstätte, in der er mit 10 Arbeitern Öl- und Schneidemühlen sowie Buchdruckerpressen herstellte.

Dingler erfand und fabrizierte die Buchdruck-Kniehebel-Presse, welche er die „Zweibrücker-Presse“ nannte und im Laufe der Jahre als „Dinglerpresse“ bekannt wurde und in die Geschichte der Buchdruckerkunst einging. Diese Presse war jahrelang führend in Europa und die Ursache des raschen Aufstieges des Dingler’schen Unternehmens, welches zu einer der ältesten Maschinenfabriken Süddeutschlands zählt.

Nach dem Ankauf des Hofguts Schönhof im Jahre 1834 und der Verlegung der Fabrik auf dieses neue Vorstadtgelände begann er seine Fabrik zu erweitern und gründete die Dingler'sche Maschinenfabrik, wodurch die Industrialisierung in Zweibrücken begann.

1838 ließ er auf dem Fabrikgelände eine Eisen- und Metall-Gießerei sowie die erste Dampfmaschinen-Anlage der Pfalz bauen.

 

Im Jahre 1842 begann er mit der Herstellung von Eisenbahngüterwagen. Um die Böden und Seitenwände, welche aus Holzbrettern bestanden, ohne Umwege beziehen zu können, wurde eine große Schreinerei aufgebaut. Ab 1843 begann er selbst mit der Entwicklung und der Produktion von verschiedenen Dampfmaschinentypen (Wärmekraftmaschinen), mit denen er europaweit zum führenden Hersteller im Dampfmaschinenbau wurde.

Nach der Errichtung einer großen Schmiede mit Schweißofen und einem 40-Zentner-Hammerwerk wurde im Jahre 1848 zusätzlich noch mit der Herstellung von Wasserrädern und Turbinen begonnen. Die Dingler'sche Maschinenfabrik beschäftigte während dieser Zeit bereits 80 Angestellte und entwickelte sich zum wirtschaftlichsten Unternehmen in der Pfalz.

Er war auch seinerzeit an der Gründung verschiedener anderer industrieller Unternehmungen beteiligt, unter anderem als Mitgründer der bedeutenden saarpfälzischen Kohlengrube „Frankenholz“ bei Homburg, deren Grundstein er legte. Ein weiteres Projekt von ihm war der Bau von Dampfkesseln für Schiffe der Deutschen Marine. 1853 wurden durch einen großen Brand in der Werkshalle 17 fertige Güterwagen und die Vorarbeiten für weitere 100 zerstört. Innerhalb von 6 Wochen wurde das Gebäude neu aufgebaut und die Produktion wieder aufgenommen.

1857 erfolgte in Zweibrücken der Anschluss an das Eisenbahnnetz, der erste Bahnhof entstand damals auf dem Werksgelände von Dingler. Durch die Anbindung ans Schienennetz mussten die schweren Güterwagen nicht mehr mit Pferden zum Bahnhof nach Homburg gezogen werden, auch seine anderen Produkte konnte er von da an einfacher und schneller zum Bestimmungsort versenden. Im gleichen Jahr erwarb er ein angrenzendes Grundstück und ließ darauf eine weitere Produktionshalle errichten, auch die alte Gießerei wurde beseitigt und durch eine größere ersetzt, wodurch die Produktionszahlen erneut anstiegen.

Im Jahre 1858 verstarb Christian (Wilhelm Nikolaus) Dingler, bereits zu seinen Lebzeiten war die Dingler’sche Maschinenfabrik in Deutschland und auch zum Teil in Europa marktführend in den Bereichen Buchdruckpressen sowie im Kessel- und Dampfmaschinenbau. Seine Nachfolger knüpften nahtlos daran an. Dingler’s Maschinenfabrik gehörte zweifellos zu den Pionieren der Industrialisierung Deutschlands, er selbst zählt zu den bedeutendsten Entwicklern und Erfindern in den Fachbereichen Druckpressenherstellung und Wärmekraftmaschinenbau.

 

 

 

7,) Johann Gottfried Dingler

Geb. 2. November 1803, † 29. Oktober 1875 in Zweibrücken

Jurist und Mitglied des bayerischen Landtags

 

Nach dem Besuch des Gymnasiums in Zweibrücken studierte er Theologie und Rechtswissenschaften an den Universitäten in Heidelberg und Erlangen. Im Jahr 1822 schloss sich Dingler der alten Erlanger Burschenschaft an, 1829 wurde er Rechtskandidat und Ergänzungsrichter am Bezirksgericht Zweibrücken und 1833 Friedensgerichtsschreiber in Annweiler. Zwei Jahre später übernahm er das Amt des Bezirksrichters in Kaiserslautern, 1847 wurde er zum 2. Staatsprokurator am Appellationsgericht in Zweibrücken ernannt und 1849 zum Appellationsgerichtsrat.

Als Mitglied des bayrischen Landtags war er von 1863 bis 1874 im Gesetzgebungsausschuss des 4. Wahlbezirks Zweibrücken/Pirmasens tätig.

Er wurde mit dem königlich-bayerischen Verdienstorden vom Heiligen Michael" 1. Klasse, zum Ritter geadelt.

 

 

 

9,) Hermann Dingler

Geb. am 23. Mai 1846 in Zweibrücken, † 30. Dezember 1935 in Aschaffenburg

Dr. med. & Dr. phil., Botaniker

 

Der in Zweibrücken aufgewachsene Sohn des Appellationsgerichtsrats studierte nach seiner Schulzeit auf Wunsch seines Vaters Medizin an den Universitäten in Zürich, Erlangen, München und Wien. Hermann Dingler schloss sich der Studentenverbindung Corps Helvetia an und wurde im Jahre 1870 zum Dr. med. promoviert, 1872 erlangte er das Staatsexamen.

Nachdem er sein Medizinstudium abgeschlossen hatte, unternahm er eine botanische Studienreise durch Palästina und Kleinasien. In den Folgejahren war er Bahn- und Militärarzt in türkischen Diensten in Bithynien, Acco und Adrianopel.

Hermann Dingler kehrte 1875 zurück nach München um sich wissenschaftlich der Botanik zuzuwenden. Im Jahre 1882 wurde er an der Universität Leipzig zum Dr. phil. promoviert. 1883 habilitierte er sich in München bei Carl Wilhelm von Nägeli in Botanik.

Zwischen 1889 und 1910 lehrte er an der Forstlichen Hochschule in Aschaffenburg Botanik, während dieser Zeit unternahm er 1892 ausgedehnte Forschungsreisen nach Kleinasien, 1909 nach Ceylon, 1912 nach Sizilien und 1914 in den Kaukasus. Anschließend baute er die Sammlungen der Forstlichen Hochschule zu einem naturwissenschaftlichen Museum aus.

Neben seiner Tätigkeit als Hochschullehrer war er Vorsitzender des naturwissenschaftlichen Vereins, im Jahre 1907 gründete Hermann Dingler den Kreisausschuss für Naturschutz im westlichen Unterfranken. Sein Engagement galt der Errichtung von Eichenreservaten im Spessart.

 

 

Die Dingler'sche Maschinenfabrik nach Christian Wilhelm Nikolaus Dingler

Nachdem Tod des Firmengründers im Jahre 1858 wurde die damalige Produktpalette beibehalten und zum Teil weiterentwickelt. Bis 1873 wurden Buchdruckerhandpressen und Handkniehebelpressen, bis 1912 die Dampfkessel und bis 1939 die ältere Generation der Dampfmaschinen weiter produziert.

Die Dingler'sche Maschinenfabrik stellte ihre neuesten Produkte auf Ausstellungen in London (1862), in Paris (1867) und zuletzt in Wien (1873) vor, wo die Fabrik mit der höchsten Auszeichnung, dem Ehrendiplom, geehrt wurde. 1896 wurde auf einer Nürnberger Ausstellung eine neu entwickelte Maschine mit einer Dampfspannung von 10 Atmosphären und einer sehr hohen Tourenzahl präsentiert, die von den Preisrichtern zur erfolgreichsten Neuentwicklung ernannt und mit einer goldenen Medaille ausgezeichnet wurde.

1872 wurde die Fabrikationsstätte erneut durch Grundstücksankäufe erweitert und eine neue große Kesselschmiede errichtet. Im Jahre 1895 begannen die Abrissarbeiten des bereits seit 1875 stillgelegten Sackbahnhofes in der Dinglerstraße, der damals durch den noch heute bestehenden Durchgangsbahnhof ersetzt wurde. An dieser Stelle wurde eine neue, größere Gießerei gebaut, 1899 kamen noch eine moderne Kesselschmiede, weitere Montagehallen für Großmaschinenprojekte und eine Dreherei hinzu. Bereits im Jahre 1897 wurde die Fabrik in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, bis dahin produzierte die Dingler'sche Maschinenfabrik über 500 Eisenbahngüterwagen, 5300 Dampfmaschinen, über 5000 Dampfkessel sowie verschiedene Maschinen für Berg- und Hüttenwerke, Dampfüberhitzer und Eisenkonstruktionen für Hochofenwerke.

 

1827 - Dingler'sche Maschinenfabrik (Gründungsname)

1924 - Dinglerwerk GmbH

1935 - Dingler´sche Maschinenfabrik Aktiengesellschaft Zweibrücken (AG)

1937 - Dinglerwerk GmbH

 

Ab 1939 wurde die Produktion der bereits über 100 Jahre alten Produktkette komplett eingestellt. Von da an wurden zahlreiche neu entwickelte Produkte, die zum größten Teil mit den ehemals produzierten Maschinen usw. nichts mehr gemeinsam hatten, hergestellt.

Bergwerksmaschinen, Dampfmaschinen (neuere Generation), Eisen- und Stahlbauten, Gasbehälter, Gasreinigungsanlagen, Hochofenanlagen, Kompressoren, Rohrleitungen aller Art, Straßenbaumaschinen.

 

Während den Kriegsjahren 1914 bis 1918 und 1939 bis 1945 wurden bei Dingler Rüstungsgüter hergestellt. 1945 wurde die Werksanlage durch Fliegerbomben schwer beschädigt und anschließend wieder aufgebaut.

 

1950 übernahm die Deutsche Maschinenbau-Aktiengesellschaft (Demag) aus Duisburg die Dingler-Werke und begann anfangs verschiedene Straßenbaumaschinen zu produzieren, kurze Zeit später die ersten Kräne.

Weitere Übernahmen erfolgten durch Mannesmann und Terex.

Bis heute werden auf dem ehemaligen Dingler Werksgelände verschiedene Krantypen produziert, unter anderem im Jahr 2009 der größte Mobilkran der Welt, der allerdings wegen seiner Größe im Werk Bierbach aufgebaut werden musste!

 

Leitung der Dingler'schen Maschinenfabrik

6,) Christian Wilhelm Nikolaus Dingler – Fabrikgründer und Direktor

 

8,) Georg Julius Dingler – Fabrikdirektor

 

10,) Georg Christian Julius Dingler – Fabrikdirektor